Parteiprogramm

Programm der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP)

⊕ Programm der DKP

Programm der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP)
I. Imperialismus heute
II. Der deutsche Imperialismus
III. Der Sozialismus – die historische Alternative zum Kapitalismus
IV. Unser Weg zum Sozialismus
V. Die Kräfte des Widerstands und des Fortschritts
VI. DKP – Partei der Arbeiterklasse

I. Imperialismus heute

Grundlagen des Kapitalismus

Im Kampf gegen feudale Unterdrückung um ökonomische und politische Macht versprach das aufstrebende Bürgertum an der Wende zum 19. Jahrhundert „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“.

Das erwies sich recht bald als „heroische Illusion“ und Täuschung.

Denn die ökonomische Grundlage des Kapitalismus ist das Privateigentum an den Produktionsmitteln. Die Klasse, die diese Mittel besitzt bzw. über sie verfügt, die Bourgeoisie, das heißt die Kapitalistenklasse, eignet sich die Ergebnisse der Produktion an. Die Arbeiterklasse muss ihre Existenzmittel erwerben, indem sie ihren einzigen im Produktionsprozess verwertbaren Besitz, ihre Arbeitskraft, an die Eigentümer der Produktionsmittel verkauft.

Die Lage der Arbeiterklasse lässt sich im Kapitalismus nur durch den Kampf um bessere Bedingungen beim Verkauf der Ware Arbeitskraft und um einen höheren Anteil an den durch ihre Arbeit geschaffenen Werten verbessern. Die Kapitalisten dagegen haben ein Interesse daran, den Arbeitslohn niedrig zu halten, um sich möglichst viel Mehrwert bzw. Profit aneignen zu können. Zwischen Arbeiterklasse und Kapitalistenklasse kann es deshalb keine „Partnerschaft“ geben. Ihre Interessen sind gegensätzlich. Der Widerspruch zwischen Kapital und Arbeit ist der unversöhnliche Klassenwiderspruch der kapitalistischen Gesellschaft.

Die im Kapitalismus erzeugten Produkte sind das Ergebnis des Zusammenwirkens der Lohnarbeiter im jeweiligen Betrieb und der Arbeitsteilung zwischen den Betrieben und Produktionszweigen. Die kapitalistische Produktion ist ein gesellschaftlicher Prozess.

Im Widerspruch dazu steht die private Aneignung der Resultate durch die Eigentümer der Produktionsmittel. Der Widerspruch zwischen dem gesellschaftlichen Charakter der Produktion und der privaten Aneignung der Produktionsergebnisse ist der Grundwiderspruch des Kapitalismus. Er vertieft sich mit der zunehmenden Ausdehnung und Vergesellschaftung der Produktion einerseits und der Akkumulation des Kapitals, das heißt der Verwandlung von Profit in zusätzliches Kapital, andererseits. Dazu getrieben werden die Kapitalisten durch die Jagd nach immer größeren Profiten und durch die erbitterte Konkurrenz untereinander.

Der Akkumulationsprozess des Kapitals, Wachstum und technischer Fortschritt können sich nur über wiederkehrende ökonomische und politische Krisen realisieren. Damit verbunden sind wachsende Ungleichheit bei der Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums und – tendenziell – die Zunahme von Armut und Verelendung.

Diese Verhältnisse bewirken, dass

  • die notwendige Produktion der gesellschaftlichen Existenzbedingungen nur durch das Zusammenwirken der beiden Grundklassen Bourgeoisie und Proletariat unter dem Kommando des Kapitals möglich ist;
  • die Beziehung dieser beiden Grundklassen zugleich feindlich ist, weil jede dieser Klassen ihren Anteil am gesellschaftlichen Reichtum nur auf Kosten der anderen gewinnen kann;
  • ein ständiger Konkurrenzkampf zwischen den Eigentümern der Produktionsmittel um die größten Anteile am Profit stattfindet;
  • der Zwang zur Vergrößerung des Kapitals und zur Produktion von Mehrwert auf erweiterter Stufenleiter zur ständigen Umwandlung von Profit in zusätzliches Kapital und zur Zentralisation des Kapitals führt;
  • die Arbeits- und Konsumweisen, die Technologie, die sozialen Strukturen unaufhörlich umgewälzt werden. „Die Bourgeoisie kann nicht existieren, ohne die Produktionsinstrumente, also die Produktionsverhältnisse, also sämtliche gesellschaftlichen Verhältnisse fortwährend zu revolutionieren.
    (K. Marx / F. Engels: Manifest der Kommunistischen Partei)

 

Entwicklungsstadien des Kapitalismus

Seit seiner Entstehung hat der Kapitalismus unterschiedliche Entwicklungsstadien durchlaufen. Die wichtigste Veränderung, die nach jener Zeit eingetreten ist, als Karl Marx den Kapitalismus erforschte, und die er voraussagte, besteht darin, dass mit der Akkumulation des Kapitals und der Konkurrenz immer größere Unternehmen und Unternehmensverbindungen entstanden. Ende des 19. Jahrhunderts bildeten sich mit der Entwicklung der Produktivkräfte (u. a. Chemie, Elektrotechnik) und der Konzentration und Zentralisation des Kapitals produktions- und marktbeherrschende Unternehmen. Damit wurden die Grundlagen gelegt für die Herausbildung des Monopols als gesellschaftliches Machtverhältnis und bestimmendes Produktions- und Eigentumsverhältnis. Die Monopole nahmen zunehmend Einfluss auf die Gestaltung politischer Verhältnisse. Es entstand der monopolistische Kapitalismus als ökonomischer Kern des Imperialismus.

Die wesentlichen Charakteristika dieser neuen Entwicklungsetappe des Kapitalismus fasste Lenin wie folgt zusammen:
Imperialismus ist: „…

1. Konzentration der Produktion und des Kapitals, die eine so hohe Entwicklungsstufe erreicht hat, dass sie Monopole schafft, die im Wirtschaftsleben die entscheidende Rolle spielen;

2. Verschmelzung des Bankkapitals mit dem Industriekapital und Entstehung einer Finanzoligarchie auf der Basis des Finanzkapitals;

3. der Kapitalexport, zum Unterschied vom Warenexport, gewinnt besonders wichtige Bedeutung;

4. es bilden sich internationale monopolistische Kapitalverbände, die die Welt unter sich teilen, und

5. die territoriale Aufteilung der Erde unter die kapitalistischen Großmächte ist beendet.“
(W. I. Lenin: Werke, Bd. 22, S. 270)

 

Lenin charakterisiert den Platz des Imperialismus in der Geschichte infolge der neuen Stufe der Vergesellschaftung als „Übergangskapitalismus“, als materielle Vorbereitung des Sozialismus.

Ausgehend von seinem ökonomischen Grundmerkmal, der Herrschaft der Monopole, bringt der Imperialismus unvermeidlich die Tendenz zur Aggression nach außen und zur Reaktion nach innen hervor. Schlimmster Ausdruck waren die beiden imperialistischen Weltkriege und der Faschismus.

Innerhalb des monopolistischen Entwicklungsstadiums des Kapitalismus haben sich weitere Entwicklungsprozesse vollzogen. Die Anforderungen der Vergesellschaftung der Produktion, die Systemkonkurrenz mit dem Sozialismus und der Kampf der Arbeiterbewegung machten ein immer direkteres Eingreifen des Staates in den Wirtschaftsprozess im Interesse der Monopole notwendig. Die Macht der Monopole und die Macht des Staates vereinigten sich zum staatsmonopolistischen Kapitalismus.

Doch auch dieser Prozess entwickelt sich weiter. In den letzten Jahrzehnten kam es zu weiteren wichtigen Veränderungen im Monopolkapitalismus. Sie stehen im Zusammenhang mit einem neuen Schub der Produktivkraftentwicklung durch die wissenschaftlich-technische Revolution und einer neuen Stufe kapitalistischer Internationalisierung.

Zugleich wurden mit der schweren Niederlage der revolutionären Arbeiterbewegung am Ende des 20. Jahrhunderts politische Barrieren für die neue Expansionsdynamik des Kapitalismus beseitigt.

Die Grundrichtung kapitalistischer Internationalisierung haben Marx und Engels bereits im „Manifest der Kommunistischen Partei“ beschrieben: „Die Bourgeoisie hat durch die Exploitation des Weltmarkts die Produktion und Konsumtion aller Länder kosmopolitisch gestaltet. Sie hat zum großen Bedauern der Reaktionäre den nationalen Boden der Industrie unter den Füßen weggezogen. Die uralten nationalen Industrien sind vernichtet worden und werden noch täglich vernichtet. Sie werden verdrängt durch neue Industrien, deren Einführung eine Lebensfrage für alle zivilisierten Nationen wird, durch Industrien, die nicht mehr einheimische Rohstoffe, sondern den entlegensten Zonen angehörende Rohstoffe verarbeiten und deren Fabrikate nicht nur im Lande selbst, sondern in allen Weltteilen zugleich verbraucht werden. An die Stelle der alten, durch Landeserzeugnisse befriedigten Bedürfnisse treten neue, welche die Produkte der entferntesten Länder und Klimate zu ihrer Befriedigung erheischen. An die Stelle der alten lokalen und nationalen Selbstgenügsamkeit und Abgeschlossenheit tritt ein allseitiger Verkehr, eine allseitige Abhängigkeit der Nationen voneinander.“

In welchem Kapitalismus leben wir?

Heute haben wir es sowohl mit einer Vertiefung der von Marx und Engels beschriebenen Prozesse als auch mit qualitativ neuen Entwicklungen zu tun. Sie vollziehen sich auf dem Hintergrund revolutionärer Veränderungen in den Produktivkräften, insbesondere in den Informations-, Kommunikations- und Transporttechnologien.

Seit Mitte der Siebzigerjahre mehrten sich die Krisenerscheinungen in den kapitalistischen Ländern. Die kapitalistische Weltwirtschaft blieb in Inflation und Stagnation stecken. Die Profitraten fielen. Großkapital und Staat versuchten dadurch einen Ausweg zu finden, dass im Akkumulationsmodell die Bedeutung der Binnennachfrage zurückgedrängt und ein Wechsel zum Vorrang der Weltmarktorientierung vollzogen wurde.

Mehr und mehr werden die letzten Schranken der nationalen Märkte niedergerissen. Der Weltmarkt wird immer mehr zu einem einheitlichen, den ganzen Globus erfassenden Feld kapitalistischer Konkurrenz. Bei der neuen Stufe der Internationalisierung geht es nicht mehr nur um die weitere Verflechtung des Handels und der Märkte. Die neuen Kommunikationstechnologien ermöglichen heute die Vernetzung der Produktionsprozesse und Finanzströme über den ganzen Globus. Im Zentrum der weltweiten Konkurrenz steht der Kampf, durch markt- und produktionsbeherrschende Positionen sowie die Führung im Wettlauf um Innovationen Monopolprofite zu erlangen. Die rasch voranschreitende Internationalisierung der Ökonomie gerät in Widerspruch zu den beschränkten Möglichkeiten nationaler Wirtschaftspolitik. Diese ökonomischen Prozesse und die damit verbundenen politischen wie kulturellen Entwicklungen werden Globalisierung genannt. Sie kennzeichnen die Erscheinungsform des Imperialismus am Beginn des 21. Jahrhunderts, ohne sein Wesen zu verändern.

Zu den beherrschenden Kapitalien auf dem Weltmarkt und zu einer strukturbestimmenden Form des Kapitalverhältnisses in der gegenwärtigen Entwicklungsetappe des monopolistischen Kapitalismus wurden die Transnationalen Konzerne und Transnationalen Finanzgruppen. Die Transnationalen Konzerne organisieren den Produktionsprozess in weltweiten Netzen nach den günstigsten Verwertungsbedingungen und globalisieren die Mehrwertproduktion. Sie können die Wirtschaftspolitik von Staaten durchkreuzen und diese erpressen. Die Staaten werden in einen erbarmungslosen Konkurrenzkampf um die für die Transnationalen Konzerne profitabelsten Konditionen verstrickt.

Die Spekulation war immer ein Bestandteil der kapitalistischen Wirtschaft. Aber in der neuen Phase des monopolistischen Kapitalismus ist sie zu einem bestimmenden Element geworden und durchdringt alle Bereiche von Wirtschaft und Politik. Die kapitalistische Überakkumulation führt dazu, dass die Finanzspekulation für die großen Konzerne zu einem zentralen Instrument der Kapitalverwertung wird.

Mit Großfusionen im Banken- und Versicherungsbereich, mit den bei Investment-, Pensions- und anderen Fonds gesammelten riesigen Geldvermögen haben die Finanzinstitutionen eine neue Stufe ihrer Macht erreicht. Das Geldkapital umkreist die Erde auf der Suche nach der höchsten Profitrate. Sein Zinshunger lässt sich nur befriedigen durch die rücksichtslose Steigerung der Aktienkurse und die Plünderung der öffentlichen Kassen der Staaten und Kommunen. Diese werden durch ihre wachsende Verschuldung in immer größere Abhängigkeit von den Finanzinstituten getrieben.

Die Spekulation hat neue Ausmaße erreicht, wobei nicht mehr nur Aktienwerte und Unternehmen, sondern auch die Währungen der Länder zu Spekulationsobjekten geworden sind. Die internationalen Finanzmärkte diktieren die nationale Wirtschaftspolitik.

Der Kapitalexport hat ein noch größeres Gewicht erlangt. – Allerdings gibt es auch hier neue Tendenzen:

  • Ein größerer Teil der Auslandsinvestitionen geht in den industriellen Bereich und dient heute immer weniger dem Aufbau neuer Produktionsanlagen, Finanz-, Dienstleistungs- und Handelsunternehmen, sondern dem Aufkauf bzw. der Beteiligung an bereits bestehenden.
  • Eine andere Tendenz betrifft die Richtung der Kapitalströme. Der überwältigende Teil der weltweit angelegten Auslandsinvestitionen von Großunternehmen der „Triade“ – USA, EU und Japan – geht heute nicht mehr in „rückständige“ Länder, sondern wird überwiegend in diesen imperialistischen Metropolen selbst getätigt. Der „Rest der Welt“ wird – wenn auch in unterschiedlichem Maße – in der wirtschaftlichen Entwicklung, insbesondere hinsichtlich der modernen Technologien, immer mehr abgehängt. Das gilt vor allem für die Länder Afrikas.

Im Ergebnis der heutigen Konzentrations- und Zentralisationsprozesse bildet sich nicht nur eine neue, noch höhere Stufe der Monopolisierung und der damit verbundenen Vergesellschaftung heraus. Noch mehr als zu Lenins Zeiten gilt, dass damit die materiellen Voraussetzungen für die Ablösung des Kapitalismus durch den Sozialismus geschaffen werden.

Die ökonomischen Entwicklungen in der heutigen Phase des Monopolkapitalismus vollziehen sich im Widerstreit der Interessen, in sich verschärfender Konkurrenz, in Konflikten zwischen den Transnationalen Konzernen, zwischen diesen und nationalem Monopolkapital, zwischen Monopolkapital und nichtmonopolistischem Kapital. Dabei mobilisieren die Konzerne und Kapitalgruppen aufgrund ihrer Herkunft und ökonomischen Verankerung außerökonomische Mittel. Eine besondere Rolle spielen dabei Staaten und supranationale Institutionen.

Kapitalismus und Staat

Kapitalismus und moderner Staat sind in einem komplizierten geschichtlichen Prozess entstanden und ihre Entwicklung hat sich gegenseitig bedingt.

Die Aufgabe des Staates ist es, über die kapitalistische Konkurrenz hinweg die Bourgeoisie zur herrschenden Klasse zu organisieren und ihre Herrschaft abzusichern. Der Staat stellt die repressiven Mittel zur Durchsetzung der Kapitalinteressen zur Verfügung und setzt sie ein, um Widerstand zu unterdrücken. Die Funktion des Staates ist es, die Hegemonie der herrschenden Klasse durch Konsens und Zwang herzustellen; er ist Herrschaftsinstrument und Feld des Klassenkampfes zugleich.

Der Staat hatte zunächst auf ökonomischem Gebiet die Aufgabe, im Inneren die freie Marktkonkurrenz zu sichern und nach Außen das einheimische Kapital durch Schutzzölle und andere protektionistische Maßnahmen vor der ausländischen Konkurrenz zu schützen. Mit der Herausbildung des Monopolkapitalismus ging es darum, die Monopolisierung voranzutreiben und für das Monopolkapital neue Expansionsräume durch die Eroberung von Märkten und Kolonien zu erschließen. Diese Politik mündete in den Kampf um die Neuaufteilung der Welt und in imperialistischen Eroberungskriegen.

Mehr und mehr konnte sich das Monopolkapital nur mit Hilfe ständiger direkter wirtschaftlicher Tätigkeit des Staates reproduzieren. Der staatsmonopolistische Kapitalismus wurde zur Existenznotwendigkeit des Kapitalismus.

Nach dem 2. Weltkrieg zwangen die Existenz starker Gewerkschaften und der Druck durch die Systemkonkurrenz auch bürgerlich-konservative Kräfte zu der Einsicht, dass Staatsinterventionismus und sozialer Kompromiss zum Erhalt der inneren Stabilität erforderlich seien. Dieser so genannte „Sozialstaatskompromiss“ hatte aber nicht nur einen sozialpolitischen Aspekt, sondern war auch der ökonomischen Entwicklung nützlich: die Sicherung der Masseneinkommen auch in konjunkturellen Schwächeperioden trug zur dynamischen Entwicklung des Binnenmarktes bei und ermöglichte eine zügige Ausbreitung einer der fordistischen Massenproduktion entsprechenden Lebens- und Konsumweise.

In den letzten Jahrzehnten hat es auch im Instrumentarium des staatsmonopolistischen Kapitalismus Veränderungen gegeben. Die direkte Unternehmertätigkeit des Staates wurde durch Privatisierungen des Staatseigentums zurückgenommen. Dies wird jedoch durch andere Formen der Staatsintervention wettgemacht: durch steuerliche Begünstigungen und Subventionen, durch Förderung von Forschung und Entwicklung für die Monopole u. a. Dabei geht es vor allem um die Stärkung der internationalen Konkurrenzfähigkeit.

Seit den 70er Jahren haben sich auch immer stärker internationale Formen des staatsmonopolistischen Kapitalismus herausgebildet. In Europa sind immer mehr Regulierungsfunktionen an die EU übergegangen.

Als neues Moment zeichnen sich im Zusammenhang mit der Globalisierung Keimformen eines globalen staatsmonopolistischen Regulierungssystems ab, mit dem die Krisenpotentiale der kapitalistischen Weltwirtschaft und die zwischenimperialistischen Widersprüche in Schach gehalten werden sollen. Eine wichtige Rolle dabei spielen der IWF, die Weltbank, WTO, die G7 bzw. G8. In diesen Institutionen geht es um die Durchsetzung der gemeinsamen Anliegen des internationalen Monopolkapitals. Sie sind zugleich Ort scharfer Konkurrenz und des Aufeinanderprallens der gegensätzlichen Interessen von Transnationalen Konzernen, imperialistischen Staaten und Blöcken. Das Hauptelement dieses im Aufbau begriffenen ökonomisch-politisch-militärischen Machtapparates sind jedoch die Nationalstaaten, die in diesem Prozess einer tief greifenden Veränderung ihrer Rolle unterworfen werden.

Mit der Strategie des Neoliberalismus wird der Prozess der Internationalisierung des staatsmonopolistischen Kapitalismus beschleunigt. Der Neoliberalismus ist die Ideologie und Politik, mit der die Umwälzung der Arbeits- und Lebensweise, der Produktionsverhältnisse vorangetrieben wird, um diese dem neuen Stand der Produktivkräfte unter kapitalistischen Bedingungen anzupassen und dem Kapital verbesserte Verwertungsbedingungen zu verschaffen.

Dies ist mit Auseinandersetzungen innerhalb der herrschenden Klasse, mit einer Krise der Nationalstaaten und der bürgerlichen Demokratie verbunden. Der Staat wird zum Verwalter einer Politik, die weitgehend außerhalb seiner Souveränität beschlossen wird. Als Machtinstrument der Monopolbourgeoisie setzt er immer unverblümter eine Politik gegen die Interessen der Bevölkerungsmehrheit durch. An die Stelle der sozialen Integration tritt die Konfrontation. Der bürgerliche Staat verliert tendenziell seine Fähigkeit zur sozialen und politischen Vermittlung, weil die Basis für eine Organisierung stabilerer sozialer Kompromisse, die größere Teile der Gesellschaft einbeziehen, verloren geht. So wird die bürgerliche Demokratie ausgehöhlt und verliert ihren Inhalt. Bei Beibehaltung formaler Demokratie vollzieht sich der Übergang vom „Sozialstaat“ zum autoritären „Sicherheitsstaat“.

Die Tendenz des Imperialismus zur Reaktion im Innern nimmt zu. In Deutschland findet das seinen Ausdruck in den Angriffen auf die sozialen und demokratischen Errungenschaften der Arbeiterklasse. Mit Lohndruck, Deregulierung und Flexibilisierung, dem Schleifen der Sozialsysteme, dem Abbau der Tarifautonomie und der Einschränkung der Gewerkschaftsrechte soll der „Standort Deutschland“ für den mit der Globalisierung verschärften Konkurrenzkampf fit gemacht werden. Mit dem Ausbau des Polizeistaates und der Möglichkeit des Einsatzes der Bundeswehr im Innern unter dem Vorwand des „Kampfes gegen den Terrorismus“ sollen Voraussetzungen dafür geschaffen werden, jeden ernsthaften Widerstand gegen die sozialreaktionäre Politik und die Kriegspolitik zu unterdrücken. Die Verfassungskonformität verschärfter „Sicherheitsgesetze“ wird kurzerhand durch entsprechende Anpassung des Grundgesetzes hergestellt. Und für alle Fälle liegen die Notstandsgesetze in der Schublade. Zur Reaktion im Innern gehört nicht zuletzt die Abschottung der „Festung Europa“ gegen wachsende Kriegs- und Elendsflüchtlingsströme als Folge der imperialistischen Globalisierung.

Begleitet werden diese Prozesse durch die Massenmedien. Ihre Rolle ist es, im Sinne der Herrschenden auf das Bewusstsein der Menschen einzuwirken und sie ideologisch in die kapitalistische Gesellschaft zu integrieren.

Tendenz zur Aggression

Mit der Globalisierung wächst nicht nur die Macht der Monopole, sondern auch deren Tendenz zur Aggression.

Die Herausbildung eines sozialistischen Weltsystems und der Zusammenbruch des imperialistischen Kolonialsystems nach dem zweiten Weltkrieg brachten Gefahren für den Fortbestand der kapitalistischen Ausbeuterordnung mit sich. Vor diesem Hintergrund sind die zwischenimperialistischen Widersprüche zeitweilig hinter die gemeinsamen Interessen gegenüber dem Weltsozialismus und den nationalen Befreiungsbewegungen zurückgedrängt worden. Nach der Niederlage des Sozialismus in der Sowjetunion und den anderen sozialistischen Ländern in Europa treten sie wieder deutlicher hervor.

Aber nach wie vor gibt es verbindende Interessen. So besteht für die imperialistischen Metropolen heute eine gemeinsame Hauptaufgabe darin, die letzten Schranken für die totale Beherrschung des Weltmarktes durch die Transnationalen Konzerne aus dem Wege zu räumen. Wo ökonomische Hebel nicht die gewünschte Wirkung bringen, wird die imperialistische Militärmaschine in Bewegung gesetzt. Die USA sind aufgrund ihrer ökonomischen, militärischen und politischen Stärke die entscheidende imperialistische Weltmacht. Der von ihnen dominierte aggressive Militärpakt NATO setzt sich rigoros über das Völkerrecht hinweg, souveräne Staaten, die sich nicht seinem Diktat beugen, werden bombardiert oder okkupiert. Gemeinsame Interessen verbinden die imperialistischen Staaten in ihren Bemühungen, die Konterrevolution in die noch bestehenden Länder sozialistischer Orientierung zu tragen, und in ihrer neoliberalen Politik gegen die Arbeiterklasse.

Zugleich entfalten sich die Rivalitäten zwischen den imperialistischen Metropolen und Blöcken. Allerdings wird der mit der Ungleichmäßigkeit der Entwicklung im Imperialismus zusammenhängende Kampf um die Neuaufteilung der Welt und der Einflusssphären heute in erster Linie mit ökonomischen und politischen Waffen oder mit „Stellvertreterkriegen“ ausgetragen, die von anderen Ländern gegeneinander bzw. in Bürgerkriegen ausgefochten werden. Hochrüstung, Rüstungsexport und das Schüren von Spannungen und Konflikten in verschiedenen Regionen steigern die atomare Bedrohung und die Gefahr eines für die ganze Menschheit verheerenden Krieges. Das schließt nicht aus, dass in der weiteren Perspektive mit der Veränderung der ökonomischen und militärischen Kräfteverhältnisse und – mit der Zuspitzung des Kampfes um die immer begrenzter werdenden Rohstoffquellen und um Vorherrschaft in der Welt – auch die Gefahr kriegerischer Auseinandersetzungen zwischen imperialistischen Metropolen wieder akut werden kann.

Krise, Militarisierung und Krieg sind prägende Bestandteile der kapitalistischen Globalisierung. Es geht um sicheren Zugriff auf die Schlüssel-Ressourcen, um die Absicherung der Herrschaft des Monopolkapitals weltweit. Widerstand gegen Unterdrückung und Armut soll mit militärischer Gewalt in Schach gehalten werden.

Die Europäische Union

Europa ist größer als die Europäische Union. Aber die Europäische Union bestimmt ganz wesentlich die Wirtschaft und die Politik des restlichen Europas. In der Konstruktion der Europäischen Union, des Binnenmarktes und der Währungsunion bündeln sich die Interessen der Konzerne an einem großen, von Grenzen und Regularien befreiten Markt. Aus einer Position der Stärke in Westeuropa werden die anderen Märkte angegriffen. Nach einer Phase der Kapitalverflechtung auf westeuropäischer Ebene – bei einem Übergewicht deutscher Investitionen in den anderen EU-Ländern – beginnt nun ein beschleunigter Prozess transatlantischer und internationaler Fusionen.

Europa wird den Profit- und Machtinteressen des Transnationalen Kapitals unterworfen, ohne dass die widerstreitenden Interessen der transnationalen und der nationalen Bourgeoisien aufgehoben werden. Deshalb ist der Integrationsprozess ein Feld des Konkurrenzkampfes und der politischen Konflikte. Die europäische Integration bleibt ein Feld der Auseinandersetzung zwischen verschiedenen Kräften der Bourgeoisie, vor allem aber auch des Klassenkampfes.

Aufgrund seiner größeren ökonomischen und finanziellen Potenzen hat sich Deutschland die Rolle einer maßgeblichen Führungsmacht angeeignet, die es derzeit im Zusammenwirken mit den herrschenden Kreisen Frankreichs auszuüben versucht. Gestützt auf diese Rolle verfolgt das deutsche Monopolkapital erneut die alte Strategie des deutschen Imperialismus, eine aggressive wirtschaftliche, politische und militärische Expansionspolitik in Richtung Ost- und Südosteuropa bis zum Kaukasus und dem Nahen und Mittleren Osten zu betreiben.

Die wirtschaftliche und die politische Dynamik drängen die EU, sich den Kern eines supranationalen Staatsapparates zu verschaffen. Die Europäische Union hat sich zu einem eigenständigen ökonomischen, politischen und militärischen Zentrum neben den USA entwickelt. Die gegenseitigen Beziehungen sind von Kooperation und Konkurrenz geprägt. Die enge wirtschaftliche Verflechtung, vor allem durch die gegenseitigen Ausländischen Direktinvestitionen (ADI), intensiviert die transatlantische Integration und verstärkt gleichzeitig die Konkurrenz der Transnationalen Konzerne auf beiden Seiten des Atlantiks.

Die EU strebt nach einer Veränderung der Kräfteverhältnisse, ohne dass sie die Überlegenheit der USA in absehbarer Zeit in Frage stellen könnte. Die ökonomisch stärksten europäischen Länder – allen voran Deutschland – erhöhen unter der europäischen Flagge ihr eigenes Gewicht in der Weltpolitik und auf den Weltmärkten. So versucht die Berliner Regierung, die außenpolitische und militärische Einigung der Europäischen Union zu forcieren, um damit größere Einflussmöglichkeiten zu erlangen. Der geplante Aufbau einer eigenen Militärmacht dient diesem Ziel. Die EU soll zu einer eigenständigen global agierenden imperialistischen Weltmacht neben den USA werden.

Auch die Erweiterung der EU auf 25 und künftig noch mehr Mitgliedstaaten zielt auf die Ein- und Unterordnung der ost- und südosteuropäischen Staaten mit ihren ökonomischen Ressourcen und ihrem Arbeitskräftepotential als abhängige Peripherie in die globale Expansionspolitik der EU. Das Ergebnis ist die Herausbildung von hochproduktiven Kernregionen in West und Ost, während das übrige Europa als Zulieferer von Billigarbeitskräften, Billigprodukten und als ein weithin industriell verödetes Umfeld weiter verarmt. Die Standortkonkurrenz wird von den Unternehmen genutzt, um Löhne, Arbeitsbedingungen und Sozialstandards in ganz Europa immer weiter nach unten zu drücken.

Die Anbindung der Länder der Mittelmeerzone zerstört die dortigen Wirtschaftsstrukturen und führt zu zunehmender Armut, Perspektivlosigkeit und gesellschaftlichen Spannungen. Die EU versucht, die dadurch ausgelöste Migration durch militärische Mittel unter Kontrolle zu bringen.

Gegenwärtig führen die Regierungen aller Länder der Europäischen Union einen Generalangriff auf die in schweren Kämpfen erreichten sozialen Errungenschaften: durch Abbau und Privatisierung der Sozialversicherung und der Rentensysteme, Einführung der Marktgesetze für solch wesentliche öffentliche Dienstleistungen und Bereiche wie Gesundheit, Bildung, Kultur, für Gemeinschaftsgüter wie Wasser und andere Naturressourcen, durch Deregulierung des Arbeitsmarktes. Im Europa von heute nehmen Arbeitslosigkeit und ungeschützte Arbeitsverhältnisse, Militarisierung nach außen und Repression nach innen durch Freiheit raubende Gesetze immer mehr zu. Gegen Gewerkschaften und andere Kräfte des Widerstands wird zunehmend härter vorgegangen, Immigranten werden kriminalisiert.

Der dramatische Sozialabbau und die durch die neoliberale Politik hervorgerufenen gesellschaftlichen Zerstörungen lösen in wachsenden Teilen der Gesellschaft Politikverdrossenheit und Resignation aus. Die Perspektivlosigkeit der Betroffenen produziert Angst, Verzweiflung und die Neigung, irrationalen und rechtsextremen bis hin zu faschistischen politischen Losungen zu folgen. Rechte Demagogie, Rassismus und Antisemitismus leben verstärkt wieder auf.

Ein anderes Europa ist möglich – ein sozialistisches Europa ist nötig

Europa ist aber nicht nur das Europa der Konzerne, sondern auch das kollektive historische Bewusstsein der Völker über die Katastrophe von Faschismus und Krieg. Europa, das sind auch die kulturellen, politischen Erfahrungen und sozialen Kämpfe, mit denen die Arbeiterbewegung dem Kapital soziale und demokratische Rechte abgerungen hat. In einem Teil Europas wurde bewiesen, dass eine Gesellschaft ohne kapitalistische Ausbeutung möglich ist.

Das sozialdemokratische Konzept des „Dritten Weges“ ist in Europa gescheitert, weil es dem Neoliberalismus nichts entgegengesetzt, sondern diesen befördert hat. Das schafft neue Möglichkeiten für die Linke, die die gegenwärtige Welt verändern will, und erhöht zugleich ihre Verantwortung.

Die weitere Entwicklung der Europäischen Union wird davon abhängen, inwieweit es der gewerkschaftlichen und politischen Arbeiterbewegung, der globalisierungskritischen Bewegung, den demokratischen Kräften gelingt, im gemeinsamen Handeln die Beherrschung der EU-Institutionen durch das Monopolkapital einzuschränken, diese Institutionen zu demokratisieren und selbst Einfluss auf deren Entscheidungen zu gewinnen. Der imperialistische Charakter der EU-Konstruktion macht jedoch die Erwartung illusorisch, diese Europäische Union könne ohne einen grundlegenden Umbruch in ihren gesellschaftlichen Verhältnissen zu einem demokratischen, zivilen und solidarischen Gegenpol zum US-Imperialismus werden. Nur ein Europa, das gegen den Neoliberalismus und für den Frieden in der Welt arbeitet, würde das internationale Kräfteverhältnis entscheidend verändern. Dazu muss die Macht der Transnationalen Konzerne gebrochen und müssen die Kämpfe auf nationaler und europäischer Ebene miteinander verbunden werden.